FMP CD 53

Peter Brötzmann

Steve, alter Freund,

gestatte mir doch ein paar Bemerkungen zu den Liner Notes. Ich will nicht auf Deine allgemeinen Äußerungen eingehen, dazu fehlt mir die Zeit im Augenblick. Ich möchte versuchen, auf die mich betreffenden Passagen zu reagieren.

Ich hatte eigentlich nicht den Eindruck, da steht ein Saxophon-Trio auf der Bühne. Da standen ein Bassist, ein Schlagzeuger, ein Saxophonist. Drei Leute sind nicht unbedingt ein Trio.

Eigentlich bin ich immer bereit gewesen, mich dem (sanften) Druck meiner Mitspieler zu beugen, wenn ich den Eindruck hatte, es dient der Sache. Ich habe mich sicherlich - gerade wegen Fred und Rashied - auf ein mir nicht vertrautes Terrain gewagt und meine Art und Weise Balladenhaftes zu spielen ist zuweilen holprig, unbeholfen obwohl das - wie ich finde - durchaus seinen Reiz hat.

Ich habe allerdings oft genug das Gefühl, das IHR - und jetzt schmeiße ich Dich mal unverschämter weise in einen Topf mit den anderen Schreibern - gar nicht so viel Zeit habt (manche auch gar nicht in der Lage sind) zuzuhören. Denn was Du "reflektive" Passagen nennst, findest Du in Hülle und Fülle seit Bennink/Van Hoves- und Harry Miller/Moholos-Zeiten, ganz zu schweigen von meinen Solo-Aufnahmen.

Ich hoffe, es ist keine Gotteslästerung, wenn ich Coltrane widerspreche, wenn er von einem "gemeinsamen Reservoir" redet. Das hat es nie gegeben. Ich denke jeder hat sein eigenes unterschiedliches, begrenztes. Und jeder sollte versuchen - mit soviel Distanz wie möglich zu sich selbst - das fühlbar und hörbar zu machen.

Du weißt, ohne Dialektik ist nichts möglich, deshalb ist "Konkurrenzdenken/Wille zur Kooperation - Beginn oder Ende einer Entwicklung" die Katze, die sich in den Schwanz beißt.

Hoffentlich bis bald.

Brötzm.

zurück / back